Kiel/Potsdam – Verschneite Berge, kühle Wälder, bunte Korallen: Sich die Schönheit der Welt anzuschauen, ist eines der wichtigsten Motive für das Reisen. Der Klimawandel jedoch bedroht beliebte Urlaubsziele, schon heute und noch mehr in Zukunft.
Mit dem Fortschreiten der globalen Erwärmung nimmt nach Ansicht von Forschern die Häufigkeit von Extremwetterereignissen zu. Diese bedrohen nicht nur die Lebensgrundlage vieler Menschen, auch Urlauber können auf Überschwemmungen und Waldbrände gut verzichten.
Extremes Wetter: Waldbrände, Stürme, Überschwemmungen
«Die Auswirkungen von wetterbedingten Extremereignissen, die vor allem mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht werden, nehmen zu», sagt Wolfgang Günther, Experte für nachhaltigen Tourismus am Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa (NIT).
Betroffen sind auch beliebte Reiseziele wie der «Sunshine State» Kalifornien in den USA. Der renommierte Klimaforscher Hans Joachim Schnellnhuber verweist etwa auf die Dürren und Waldbrände 2018.
«Langfristig werden viele der Südseeparadiese unbewohnbar, weil die Inseln von Fluten überschwemmt werden oder ihr Süßwasser versalzt, wenn wir den CO2-Ausstoß nicht rasch senken», so der ehemalige Gründungsdirektor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). «Auch Venedig, diese Traumstadt, ist bedroht.»
Nicht nur die Ferne ist bedroht
Doch es sind nicht nur exotische Fernziele, die man sich leisten können muss oder will, die von Extremwetter in Mitleidenschaft gezogen werden. Auch Urlauber hierzulande sind zunehmend mit Hochwasser an Flüssen und Meeren, langen Hitzeperioden, Starkregen, Sturmfluten und Waldbränden konfrontiert.
Extremwetter kommt den Tourismus teuer zu stehen, denn er lebt von Infrastruktur wie Badestränden und Wanderwegen. «Wird diese durch Extremwetterereignisse zerstört, entstehen hohe Kosten», sagt Günther. In Heiligenhafen, Fehmarn und Laboe zum Beispiel wurden im Januar ganze Strandbereiche von einer Sturmflut weggespült.
Die Klimaforscher des PIK rechnen bis 2100 mit einem Anstieg des Meeresspiegels um etwa einen Meter. Sturmfluten würden dann entsprechend höher auflaufen. «Man muss sich auch langfristig die Frage stellen, an welchen Orten die touristische Infrastruktur in welcher Form erhalten werden kann und soll», sagt Günther.
Mehr Algen in Meeren und anderen Gewässern
Wenn die Luft- und Wassertemperaturen durch die globale Erwärmung in den kommenden Jahrzehnten weiter steigen, mag das manch einem Urlauber zunächst positiv erscheinen. Doch es hat verschiedene, gravierende Auswirkungen – und befördert auch die Ausbreitung eines eher unbeliebten Strandgastes: der Blaualge. Sie fühlt sich bei 22 bis 25 Grad richtig wohl und vermehrt sich entsprechend kräftig.
«Eine Erwärmung der Meere bringt klar auch Veränderungen in Flora und Fauna mit sich», sagt Günther. So profitieren neben den Blaualgen auch andere – meistens eher unbeliebte – glibberige Meeresbewohner wie Quallen von höheren Temperaturen in Verbindung mit einem überreichlichen Nährstoffangebot. An den deutschen Küsten jedoch halten die Algen noch kaum Urlauber vom Badeurlaub ab.
Ärgerlich kann es sein, wenn sich beispielsweise Mexiko-Reisende auf karibische Traumstrände freuen – und dann Blaualgen die Idylle trüben. Das passierte zuletzt rund um die beliebten Touristenorte Cancún und Tulum. Auch wenn Forscher vermuten, dass die sehr rasch angestiegene Anzahl an Urlaubsgästen an den Küsten selbst mit zum Problem beiträgt.
Sterbende Farbenpracht: Korallen in Gefahr
Klimaforscher Schellnhuber sieht noch eine weitere Gefahr durch die stetige Erwärmung der Meere: In den heißen Regionen der Tropen seien die Korallen gefährdet, etwa im Great Barrier Reef vor Australien. Das mehr als 2300 Kilometer lange Riff war 2016 und 2017 von Korallenbleichen betroffen, vermutlich wegen überhöhter Temperaturen infolge des Klimawandels. Enorme Mengen an Korallen starben ab.
Schneemangel bedroht den Wintersport
Nicht nur in warmen Urlaubsgefilden zeigt der Klimawandel früher oder später Folgen. «Besonders stark von der Erwärmung betroffen sind heute die kalten Regionen, etwa die Gebirgsgletscher der Alpen und die Arktis», sagt Schellnhuber. «Was wir das ewige Eis nennen, das schmilzt.» Mit unmittelbaren Folgen für Reisende.
Schon jetzt müssen Wintersportler in den Alpen oder deutschen Mittelgebirgen immer öfter auf ausreichend Schnee warten. Zahlreiche tiefer gelegene Skisportorte sind bereits heute auf künstliche Beschneiung angewiesen. Nur können Schneekanonen dem natürlichen Rückgang der Schneesicherheit nur teilweise entgegenwirken.
Touristen tragen Verantwortung
Der Tourismus verschärft das Problem: Auf Flugreisen entstehen CO2 und andere Treibhausgase. Fliegen ist besonders klimaschädlich. Doch werden der Umwelt zuliebe weniger Reisen unternommen? Nein, sagt Tourismusforscher Günther. Urlauber, Tourismusregionen und Reiseanbieter passten sich lediglich den veränderten Bedingungen an.
Mecklenburgische Seenplatte statt Kanada?
Schellnhuber sieht den Reisenden selbst in der Verantwortung und plädiert zum Beispiel dafür, auf Fernreisen besser zu verzichten. «Wir können öfter mal in Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg Urlaub machen, viel wilder wird es etwa in Kanada auch nicht. Und auch im schönen Bayern kann man sich erholen. Oder bei unseren Nachbarn in Polen, Frankreich und Österreich.»
Fotocredits: Philipp Laage,TUI,Alejandro Ernesto,Monika Skolimowska,NIT,Kathrin Lucia Meyer
(dpa/tmn)