Amerika liebt charismatische, vorzugsweise halbwegs attraktive Präsidenten, die keine Angst davor haben, kontroverse Meinungen zu äußern. Auch wenn er die anderen Eigenschaften mitbringt, kontrovers ist Mitt Romney wirklich nicht, weshalb sein Sieg nur von der Konkurrenz abhängt.
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Mitt Romney ist der amerikanische Posterboy. Aufgewachsen in einem reichen Umfeld, ging er auf eine Privatschule, arbeitete schon früh als Assistent für die politischen Kampagnen seiner Eltern, verbrachte lange Zeit als Missionar (Romney und seine Familie sind Mormonen) in Frankreich und studierte später Jura, schloss mit Suma cum laude ab und machte sich sehr erfolgreich selbstständig.
Seit den 90ern politisch ambitioniert
Wie man Wahlkämpfe führt, das lernte Mitt Romney im Kreis seiner Familie, wo er sowohl seinem Vater George W. Romney bei Kampagnen zum Gouverneur Michigans beistand, als auch seiner Mutter Lenore Romney bei der fruchtlosen Kampagne, US Senatorin für Michigan zu werden.
1994 kandidierte er selbst als US Senator, verlor jedoch gegen Ted Kennedy, dessen Nachname immer noch stärker war, als diverse Skandale, die ihm anhingen. 2002 brachte er die olympischen Winterspiele auf die Beine, danach wurde er für eine Amtszeit Gouverneur von Massachussets. 2008 kandidierte er das erste Mal als Präsident, verlor jedoch unter den Republikanern gegen McCain, 3 Jahre später hat er immer noch nicht aufgegeben. Comedian Jon Stewart hat ihn schon als ewigen Zweiten bezeichnet, denn der zweite Platz schien nicht nur in der politischen Laufbahn Romneys ein heraus stechendes Merkmal für ihn zu sein, sondern verfolgt ihn auch seit Beginn des Wahlkampfes unter den Republikanern.
Wirtschaftlich gesehen sieht es jedoch anders aus, von den späten 70ern bis zu den 90ern zog Romney mehrere Geschäftsmodelle auf und das mehr als erfolgreich. Organisation und ein Feingefühl für den wandelnden Markt lagen dem jungen Romney schon als Teenager, als Erwachsener zog er sich außerdem Respekt und Loyalität von seinen Mitarbeitern hinzu. Gerade dieses finanzielle Gespür sorgte bei der aktuellen Kandidatur dafür, dass Romney ein mehr als ausreichendes Kapital für seine Kampagne ansammeln konnte.
Mormonismus
Nun gut, der Posterboy ist er nur bis zu seinem Glauben, denn die allgemeine Unwissenheit gegenüber Mormonismus lässt viele Amerikaner davor zurück schrecken, als „Kult“ wurde sein Glaube schon von Rick Perry bezeichnet, ausgerechnet, da Perry eine sehr viel kontroversere Vergangenheit vorzuweisen hat. Gerade in einem Land, in dem jeglicher christlicher Glauben bis hin zur Fabel des Kreationismus keine politischen Probleme bringt, erscheint es schon absurd, dass ein Mormone (und nicht der Erste) derartig unter Feuer gerät, aber davon ausgehend, dass Mormonen viel unter Verschluss halten, ist der Glaube vielen suspekt. Und da in Amerika immer mit der religiösen Einstellung mitgewählt wird (weshalb ein atheistischer Präsident sicher erst lange nach der ersten Präsidentin und dem ersten homosexuellen Präsidenten realistisch wird), könnte das Romneys Chancen einschränken.
Romney mittendrin
Auch schon früher bestach Romney dadurch, dass er es allen Recht machen wollte, gleichzeitig seine persönlichen Ansichten mehr oder weniger gekonnt hinterm Berg hielt. Das ist in der Wirtschaftswelt eine hervorragende Eigenschaft, denn dort bestimmt der Kunde und nicht der Anbieter. In der Politik beeindruckt das jedoch weder Wähler noch die Presse, denn wenn den Präsidenten der vereinigten Staaten eines ausmacht, dann eine überzeugte politische Haltung, kein Fähnchen im Wind. Das hat sich in der Vergangenheit schon im Positiven als auch im Negativen gezeigt.
Romney hingegen will von allen geliebt werden und bleibt in seiner Meinung daher fast schon unfreiwillig komisch unentschieden. Gerade als Republikaner ist es schwierig, denn dort gilt es, die Unentschlossenen mit genügend liberalen Meinungen zu locken, während die beinharten konservativen Wähler beibehalten werden. Während er noch vor 2005 sehr liberale Ansichten bezüglich der Rechte Homosexueller und Abtreibung für Frauen hatte, änderte sich das nach und nach, interessanterweise zu einer Zeit, in der er gerade anfing, sich in der republikanischen Partei zu organisieren. Das an sich wäre wohl kein Problem gewesen, wenn er nicht durchgehend seine vergangenen, festgehaltenen Meinungen ignoriert hätte, als hätte es sie nie gegeben, nur um sie zu passender Zeit wieder hervor zu holen, etwa, wenn er vor einem liberalen Publikum sprach.
Mitt Romney als Opportunist?
Auch in der laufenden Kampagne ist es immer wieder vorgekommen, dass Meinungen zu Occupy Wallstreet, Immigrantengesetzen und anderen Streitthemen von heute auf morgen wechselten, je nachdem, vor welchen Wählerkreisen der Präsidentschaftsanwärter sprach. Daher wird ihm nicht nur von den Medien vorgeworfen, dass er ein Opportunist wäre, auch die Wähler scheinen zu erkennen, dass Romney sehr wohl gute Qualitäten hat (klare Organisation, Intelligenz und keine allzu verrückten Ansichten), aber nicht die ideale Wahl ist, da er zu wenig Rückgrat, vielleicht aber auch zuviel Berechnung zeigt, um konsequent seine Meinung zu vertreten.
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Chancen durch wankelmütige Konkurrenz
Doch gehen wir von den derzeitigen Kandidaten aus, könnte Romney noch eine mehr als große Chance haben, als republikanischer Anwärter anzutreten, denn die derzeit stärksten Kandidaten – Rick Perry und Herman Cain – arbeiten durch skurrile Auftritte, irrsinnige Ansichten und mehr Ignoranz als nötig gegen ihre eigenen Vorsprünge in den Umfragen, so dass Romney sich scheinbar nur zurück lehnen braucht, um darauf zu warten, dass sich sowohl Cain als auch Perry selber ins Aus manövrieren. Ob Romney letzten Endes wirklich Chancen gegen Obama hätte, ist allerdings zu bezweifeln, denn der bringt Romneys Qualitäten und eine klare Linie mit sich.
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