Berlin – Man hört nur das Tschirpen der Spatzen, ab und an übertönt vom heiseren Krächzen einiger Krähen. Taxifahrer stehen gelangweilt vor ihren Autos, der sonst rappelvolle Parkplatz ist weitgehend leer, ansonsten gespenstische Stille am Berliner Flughafen Tegel.
An der einzigen geöffneten Eingangstür sitzt ein Mann der Flughafensicherheit und dirigiert die wenigen Fluggäste Richtung Abfertigungsschalter. Außerdem verhindert er, dass da jemand durch seine Eingangstür etwa wieder hinausgeht. Einbahnstraße, Ausgang am anderen Ende. An diesem Mai-Vormittag will aber kaum jemand rein und noch weniger wollen wieder heraus. Vielleicht 30 Menschen stehen etwas verloren in der Flughafenhalle – inklusive Flughafenmitarbeiter.
Vieles geht schneller als sonst
Bei der Kofferaufgabe geht das Übergewicht klaglos durch. «Koffer ist durchgecheckt, gute Reise», das war’s, nach 50 Sekunden hält man seine Bordkarte in der Hand. Und nun? «Man lebt nicht nur vom Brot allein, man braucht auch einen Drink», steht an einem Café. Es ist geschlossen, wie alles außer den Toiletten. Wer mag, kann sich Plörre am Automaten ziehen.
Vor der Sicherheitskontrolle halten sich die Menschen wie im Supermarkt strikt an die Abstandsregeln. Eine nette Übung, die Schlange mit insgesamt 16 Reisenden zieht sich fast durch die ganze Halle. Das Sicherheitspersonal hat die Ruhe weg. Lässig winken sie immer einen Reisenden zur Zeit an das Kontrollband. Auch hier geht alles viel schneller als sonst. Ein paar Anweisungen durch die Maske: «Hosentaschen leer? Die Schuhe müssten schon auch aufs Band», dann in den Nacktscanner, hinterher trotzdem noch mal Leibesvisitation. Bei so wenigen Reisenden muss der Sicherheitsmann vielleicht jede Chance zur Kontrolle nutzen.
Nach einem kurzen Spaziergang übers Vorfeld dann das Flugzeug. Ein Hauch von Exklusivität kommt auf, man besteigt immerhin den einzigen Flieger weit und breit. So muss sich Fliegen früher angefühlt haben. Das Hochgefühl reicht gerade mal bis zum Sitz in der Economyklasse. Alles wie immer, schön eng. Und kaum ein Platz bleibt frei.
Im Flieger wird es eng
«Sitzen Sie wirklich direkt neben mir?», fragt ein Mann mit Halbglatze etwas pikiert seinen neuen Nachbarn. Der sieht aber auch zum Fürchten aus mit einer feldgrauen Vollgummimaske, die links und rechts je einen eindrucksvollen dicken runden Filter hat. Der Mann will den Boardingpass sehen. Nach einem kurzen Blick auf das Papier fügt er sich seinem Schicksal. «Na dann, sorry», sagt er leicht säuerlich.
«Mit dem Abstand von eineinhalb Metern wird das hier aber wirklich etwas schwierig», scherzt eine Frau. Vorher bei der Sicherheitskontrolle mussten immer zwei Meter Abstand eingehalten werden.
Dann die Durchsagen, das Übliche, Schwimmweste über den Kopf, die Bändsel festziehen, aber plötzlich allgemeine Heiterkeit: Die Stewardess hat gerade darauf hingewiesen, dass im Falle eines gänzlich unwahrscheinlichen Druckabfalls bitte doch zuerst die Nasen-Mundmaske abgenommen werden sollte, bevor die von der Kabinendecke herabfallende Sauerstoffmaske aufgesetzt wird.
Probleme bei der Einreise
Nach der Landung in Barcelona wird es dann ernst. Aussteigen immer nur in Gruppen von zehn Passagieren. Das dauert. Gleich hinter der Flugzeugtür der erste Polizist, ein weiterer im Tunnel zum Hauptgebäude. Strenge Blicke. Am Ende des Tunnels ein Spalier aus Polizisten, die den Durchgang kontrollieren. «Keinen Wohnsitz in Spanien? Dann wird das nichts mit der Einreise, warten Sie hier rechts. Der Nächste!» Dann verschwindet der Mann mit dem Personalausweis im Durcheinander von Polizisten und gestikulierenden Reisenden.
Eine kurze Zeit der Ungewissheit, schließlich erscheint eine freundlichere Beamtin mit dem Ausweis. Sie lässt sich erklären, dass eine Arbeitsstelle angetreten werden soll, sieht sich ein Begleitschreiben der spanischen Botschaft in Berlin an, ist zufrieden und wünscht einen guten Aufenthalt. Jetzt noch eine halbe Stunde vor der Gesundheitskontrolle anstehen, Temperatur messen lassen und die Kontaktdaten für die Überwachung der zweiwöchigen Quarantäne einreichen. Alles in allem etwa eine Stunde von der Landung bis zum Kofferband. Und das, obwohl nur eine Maschine angekommen war. Tourismus wie vor Corona ist so kaum vorstellbar.
Neue Regeln an deutschen Flughäfen
Passagiere müssen sich auf veränderte Abläufe an den deutschen Flughafen einstellen. Maskenpflicht an bestimmten Punkten, entzerrte und daher langsamere Abläufe, aber vorerst keine Medizin-Checks – das sieht der Leitfaden vor, den der Branchenverband ADV am Dienstag in Berlin vorgestellt hat. Mit dem Maßnahmenpaket soll das Ansteckungsrisiko für die Lungenkrankheit Covid-19 bei einem Wiederanlauf des Flugverkehrs nahezu ausgeschlossen werden, hieß es.
Es wurde deutlich, dass es an deutschen Flughäfen bislang keine einheitliche Pflicht zum Tragen eines Mund-Nase-Schutzes in den Terminals gibt. Bislang haben dies nur die Länder Berlin, Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen für den gesamten Flughafen angeordnet, wie ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel einräumte. In den übrigen Ländern herrsche bislang nur ein Gebot beziehungsweise eine Tragepflicht an den Punkten Luftsicherheitskontrolle und Gepäckrückgabe. Er sei aber optimistisch, dass die anderen Länder nachziehen, sagte Beisel.
Der Verband empfiehlt den Flughäfen, die Passagierprozesse zu entzerren. So sollten mehr Check-In-Schalter öffnen und mehr Busse verkehren, wenn die Passagiere aufs Vorfeld gefahren werden müssten. In den Wartezonen müssten Sitzplätze gesperrt und Schlangen so organisiert werden, dass auch seitlich der Mindestabstand eingehalten werden könne. Bei Umsetzung der Vorschläge verliere die Infrastruktur 20 bis 50 Prozent ihrer Leistungsfähigkeit, es könnte also nur noch die Hälfte der vorherigen Passagierzahl abgefertigt werden.
Weiter wenden sich die deutschen Flughäfen gegen Medizin-Checks beim Ein- oder Aussteigen. Wärmebildkameras oder Fiebermessungen seien nicht geeignet, Träger des Coronavirus zu identifizieren, heißt es unter Berufung auf Fachuntersuchungen. Sollten Checks behördlich angeordnet werden, würden die Flughäfen Fragebögen bevorzugen, die von den Passagieren auszufüllen wären.
Fotocredits: Jan-Uwe Ronneburger
(dpa)