Dresden – Eine sächsische Brücke, die sich kreisrund im Wasser spiegelt. Ein junger Mann auf einem Felsvorsprung in der Sächsischen Schweiz. Bilder davon hat Maximilian Münch gemacht – und auf seinem Instagram-Profil veröffentlicht. Auf den ersten Blick kommen sie wie ästhetisch anspruchsvolle Urlaubsbilder im Quadratformat daher. Doch es handelt sich um Werbung, Münch hat dafür Geld vom Freistaat Sachsen bekommen.
So wie Sachsen spannen viele Urlaubsregionen und Reiseanbieter Instagram-User für ihr Marketing ein: von Finnland über Südtirol bis nach Ontario in Kanada. In Deutschland setzen zum Beispiel Tui, Neckermann und das Münsterland darauf. Besonders begehrt als Werbeträger: Als einflussreich im Netz geltende Nutzer, die sogenannten Influencer mit Hunderttausenden Followern.
Einer von ihnen ist Maximilian Münch alias
muenchmax. Er hat sich eine Online-Gefolgschaft von rund 317 000 Usern aufgebaut. Seit Ende 2014 verdient er sein Geld mit dem Veröffentlichen von Reisebildern. Etwa 40 Länder hat der schmale Mittzwanziger dafür bislang bereist – finanziert wird er dabei vor allem von den Destinationen.
Für jedes gepostete Bild bekommt der gebürtige Chemnitzer einen drei- bis vierstelligen Betrag, wie er sagt. Seine Spezialität: Bilder von rauer Natur in gedeckten Farben, auf denen der Mensch allenfalls als Randnotiz auftaucht. Tausendfach werden sie mit dem «Gefällt mir»-Herzchen markiert. Viele schreiben begeistert in die Kommentarspalte, dass sie dank der Fotos ihr nächstes Reiseziel gefunden haben.
Die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT), die im Auftrag der Bundesregierung weltweit für Deutschland als Reiseziel wirbt, weiß um das Potenzial von Social Media. Ihren Angaben nach informieren sich mehr als 85 Prozent der ausländischen Gäste vor und während ihrer Deutschlandreise online. «Entsprechend hat sich Social Media als integraler Bestandteil der Digitalstrategie der DZT fest etabliert», teilt eine Sprecherin mit. Immer mehr Mitglieder wollten sich an Social-Media-Kampagnen beteiligen.
In Sachsen schätzt man den speziellen Zugang, den Influencer bieten. Bei Münchs Followern zum Beispiel handele es sich zu 90 Prozent um Jüngere, die meist kaum oder gar nicht mehr im Printbereich unterwegs seien, sagt Frank Wend, Leiter des Referats Öffentlichkeitsarbeit in der Sächsischen Staatskanzlei. «Außerdem verfügt er als Influencer über eine erhebliche Reichweite.» Etwa 1,5 Millionen Mal wird Münchs Profil pro Woche angeschaut.
Aber nicht nur Influencer, sondern auch User, die einfach gerne Schnappschüsse hochladen, mischen beim Marketing mit. Sie markieren zum Beispiel bereitwillig Bilder mit offiziellen Kampagnen-Hashtags. Aus Sachsen sind unter #sogehtsaechsisch und #simplysaxony bereits mehr als 37 000 Bilder zusammengekommen.
Wie viel die Instagram-Werbung den Freistaat kostet, kann Wend nicht aufschlüsseln, wie er sagt. Insgesamt habe die Werbekampagne «So geht sächsisch» seit 2013 jährlich acht Millionen Euro gekostet. Darunter fallen aber auch klassische Kanäle wie Printveröffentlichungen und die eigene Website.
Als Vermittler zwischen Werbetreibenden und Influencern fungieren spezielle Agenturen, zum Beispiel die Berliner Internetplattform Brandnew. Mehr als 31 000 Influencer hat Brandnew im Portfolio, über 5000 von ihnen sind auf Reisethemen spezialisiert. Ein Vorteil sei, dass «Influencer authentische Inhalte posten können, denen die Follower vertrauen», teilt das Unternehmen mit.
Maximilian Münch umschreibt das so: «Es ist weniger „in your face“, weniger aufdringlich, sondern eher galant.» Seinen Followern sei es nicht so wichtig, ob er Geld für seine Posts bekommt oder nicht. «Die Leute haben eine bestimmte Erwartungshaltung, und wenn die erfüllt wird, dann merken sie gar nicht, dass es Werbung ist.»
Und genau das ist in den Augen von Niels Brüggen der Knackpunkt. Der Forscher am Münchner Institut für Medienpädagogik (JFF) sagt: «Es ist ein bekanntes Problem, dass nicht unbedingt nachvollziehbar ist, ob diejenigen, die online schöne Bilder posten, finanziert sind von Hotelketten oder Tourismusanbietern.» Bei einer Werbebroschüre rechne jeder damit, dass darin nur die Highlights zu sehen seien. Auf Social Media sei das nicht so klar. «Es gibt keine eindeutigen Vorschriften, wie diese Art von Werbung gekennzeichnet werden muss.»
Dass irgendwann nur noch User die Werbung für Tourismus-Anbieter stemmen, ist eher unwahrscheinlich. Zwar habe Social Media in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen, sagt Frank Wend von der Staatskanzlei Sachsen. Aber ältere Zielgruppen seien über klassische Kanäle wie Printprodukte weiter besser zu erreichen. Und für die DZT sind Inhalte, die von Usern kreiert werden, kein preiswerter Ersatz für andere Werbung, sondern lediglich eine Ergänzung zum eigenen Informationsangebot.
Fotocredits: Paul Zinken
(dpa)