Algenplage in der Karibik sorgt für schmutzige Strände

Cancún – Postkarten-Idylle sieht anders aus: Unmengen brauner Algen vermiesen derzeit vielen Karibiktouristen den perfekten Strandurlaub.

Egal ob in Mexiko, Barbados oder im Süden Floridas, an zahlreichen Traumstränden bedecken sogenannte Golftange das klare Wasser und den weißen Sand. Arbeiter säubern mit Rechen, Schippen und Traktoren jeden Tag die Strände vor den Hotels, die mexikanischen Streitkräfte werfen sogar Marineschiffe in die Schlacht gegen die Plage.

Wissenschaftler und Unternehmer wollen nun einen Schritt weitergehen und Wege finden, Nutzen aus den Braunalgen zu ziehen – etwa in der Biogasproduktion, in der Agroindustrie oder im Bausektor. Sie könnten zur Herstellung von Papier oder umweltfreundlichen Schuhen dienen oder in der Medikamentenindustrie. Einige Pilotprojekte gibt es bereits.

Früh am Morgen, bevor die Sonne zu brennen beginnt, kommt der Biologe Alfonso Larqué mit seinen Studenten an den Strand von Puerto Morelos südlich von Cancún. Sie füllen mehrere Kisten mit Algen, laden sie auf einen Laster und bringen sie ins Labor. Larqué und seine Kollegen vom wissenschaftlichen Forschungszentrum von Yucatán (CICY) wollen die Algen als Substrat zur Züchtung von Speisepilzen nutzen.

Zunächst mussten sie ausschließen, dass die Algen Rückstände von Schwermetall enthalten. Nach einer Reihe von Tests wagten sie einen Versuch. «Mit einer Tonne frischer Braunalgen konnten wir rund 800 Kilo Speisepilze züchten. Das ist sehr beeindruckend», sagte Larqué der Deutschen Presse-Agentur. «Es kostet die Natur viel Arbeit, Biomasse herzustellen. Deshalb müssen wir die Biomasse nutzen, die es glücklicherweise hier gibt, statt sie schlecht zu machen.»

Und es gibt noch mehr Ideen, wie man die Algen nutzen kann: Der Besitzer einer Baumschule in Puerto Morelos hat ein Haus aus Algenziegeln gebaut, der Unternehmer Jorge Castro benutzt die Wasserpflanzen und alte Plastikflaschen zur Herstellung von Schuhen. «Aus jeder Tonne Algen können wir 10 000 Paar Schuhe produzieren», sagt er der dpa. Für einen ersten Testlauf hat er in seinem Schuh-Start-up in León im Zentrum von Mexiko 50 Paar Schuhe produziert und für jedes Paar 100 Gramm Algen verwendet.

Bisher sind das alles nur einzelne Versuche ohne ausreichende Koordinierung oder finanzielle Mittel. Aber sie könnten einen wichtigen Beitrag leisten im Kampf gegen die Braunalgen, die nicht nur Mexikos wichtiger Tourismusbranche schaden, sondern auch das Ökosystem gefährden. Die Wasserpflanzen sammeln sich vor der Küste wie ein schwimmender Teppich, der das Licht und den Sauerstoff wegnimmt und dadurch die Korallen und das Seegras bedroht.

Wenn die Braunalgen der Gattung Sargassum auf den Sand geschwemmt werden, zersetzen sie sich und verbreiten dabei einen Geruch wie von faulen Eiern. Sie erodieren den Strand und bedrohen die Nistplätze von Meeresschildkröten.

Die Algen sind kein neues Phänomen. Allerdings traten sie früher nur in geringem Maße auf. Beim Planschen im Meer oder beim Schnorcheln konnte man sie leicht mit der Hand aus dem Weg räumen. Doch seit 2011 kommt es in der Karibik und vor Westafrika immer wieder zu regelrechten Algen-Plagen.

«Dafür kann es verschiedene Gründe geben: Einer davon ist die weite Verfügbarkeit von Nährstoffen, die von der Abholzung des Amazonas-Regenwaldes und von Düngemitteln stammen kann», sagte der Physiker der Universidad Nacional Autónoma de México (UNAM), Jorge Zavala Hidalgo, der dpa. «Es kann aber auch sein, dass es mit Schwankungen im Klima zu tun hat: sowohl den natürlichen als auch denen, die vom Klimawandel verursacht wurden», sagt er. «Es ist wahrscheinlich eine Kombination mehrerer Faktoren, aber mit großer Wahrscheinlichkeit ist menschliches Handeln eine der Ursachen.»

Auch wenn es schwer vorherzusagen ist, rechnen Experten damit, dass in diesem Jahr bis zu eine Million Tonnen Algen an den mexikanischen Stränden angeschwemmt werden. Auf Facebook veröffentlicht ein Netzwerk zur Beobachtung der Algen regelmäßig Fotos und Karten über die Situation an den Stränden, die Touristen dort abrufen können. Dennoch gibt es bisher keine koordinierten Strategien auf regionaler Ebene, um das Problem anzugehen.

«Das ist kein Phänomen dass sich spontan ergeben hat, aber menschliches Handeln hat die Sache verschlimmert», sagte Pedro Jesús Herrera Franco von der Abteilung für Materialforschung des CICY. «Wenn wir keine drastischen Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass Schadstoffe freigesetzt werden, werden diese ins Meer gelangen und dort zur Ausbreitung der Algen beitragen», warnt er.

Fotocredits: Lizzeth Phylomeno,Rodrigo Cruz,—,Rodrigo Cruz
(dpa)

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