New York – Die Geschichte einer der größten, wertvollsten und traditionsreichsten Hotelmarken beginnt mit einem spontanen Glücksgriff. Eigentlich reist Conrad Hilton am 31. Mai 1919 inmitten des ersten Ölbooms des vergangenen Jahrhunderts ins texanische Cisco, um eine Bank zu kaufen und so ein Vermögen zu machen.
Doch dieser Plan scheitert. Stattdessen kauft Hilton kurzerhand ein örtliches Gasthaus und schafft so die Basis für sein Hotel-Imperium.
Zunächst habe das Mobley Hotel in Cisco lediglich wie ein «geeigneter Platz zum Schlafen» ausgesehen – «mehr nicht», heißt es in Hiltons 1957 veröffentlichter Autobiographie «Be my Guest» (deutscher Titel: «Die Welt zu Gast bei mir»). Eigentlich will er sich dort nach dem gefloppten Bank-Deal nur etwas erholen, so Hiltons Schilderung. Doch dann fällt ihm der große Andrang von Arbeitern der Ölindustrie auf, die nach freien Zimmern suchen. Als der Besitzer sagt, dass das Hotel zum Verkauf stehe, wittert Hilton seine Chance und schlägt zu.
Die unverhoffte Karriere als Hotelier nimmt rasant Fahrt auf: 1925 eröffnet in Dallas das erste Hotel unter der Marke Hilton, es folgen rasch weitere. Mit dem Kauf der New Yorker Hotel-Ikonen «Roosevelt» und «Plaza» wird Hilton 1943 laut eigener Angaben zur ersten Hotelkette, die in den USA von Küste zu Küste vertreten ist. Drei Jahre später wird die Hilton Hotels Corporation gegründet und als erster Hotelkonzern an der New Yorker Börse notiert. Ab 1949 beginnt mit dem Caribe Hilton in Puerto Rico die internationale Expansion.
Conrad Hilton, dessen Vorfahren aus Norwegen und dem Hunsrück stammten, starb am 3. Januar 1979 im Alter von 91 Jahren. Der Urgroßvater von Paris und Nicky Hilton, der unter anderem mit der Schauspielerin Zsa Zsa Gabor verheiratet war, hinterließ eine der schillerndsten Hotelmarken weltweit. Bis heute hält sich das Unternehmen an der Branchenspitze, nur die Ketten Wyndham und Marriott sind größer. Hilton ist mit 17 Marken und mehr als 5700 Hotels in 113 Ländern vertreten. Das erste Hilton in Europa machte 1955 in Istanbul auf, drei Jahre später folgte das «Berliner Hilton» als erstes deutsches Hotel der Marke.
Hundert Jahre nach Conrad Hiltons Kauf des Mobley Hotels in Texas laufen die Geschäfte des Konzerns rund. Im ersten Quartal steigerte der Konzern die Erlöse im Jahresvergleich um gut sechs Prozent auf 2,2 Milliarden Dollar (2,0 Mrd Euro), 2018 betrug der Jahresumsatz 8,9 Milliarden Dollar. Hilton eröffnete im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben mehr als ein neues Hotel pro Tag. «Wir haben weiterhin große Wachstumspläne», verkündete Vorstandschef Christopher J. Nassetta anlässlich des 100. Jubiläums. «Wir gehen davon aus, dass 2019 unser bislang bestes Jahr werden wird».
Auch bei Anlegern steht der Hotel-Gigant hoch im Kurs: die Aktie liegt im bisherigen Jahresverlauf mit fast einem Viertel im Plus, der Börsenwert kletterte zuletzt auf mehr als 26 Milliarden Dollar. Der US-Rivale Marriott, der 2016 in einer Mega-Fusion den Konkurrenten Starwood schluckte, ist zwar noch deutlich mehr wert. Und wenn es nach angebotenen Unterkünften und globaler Präsenz geht, ist der Schlafplatzvermittler Airbnb mittlerweile führend. Doch Hilton bleibt im Gastgewerbe eine Macht, die Beratungsfirma Brand Finance hat dem Unternehmen erst jüngst wieder die stärkste Markenkraft bescheinigt.
Das Mobley Hotel im texanischen Cisco ist für Gäste übrigens nicht mehr geöffnet. Der Ort, an dem die Hilton-Geschichte vor 100 Jahren ihren Lauf nahm, heißt heute Conrad Hilton Center und dient vor allem als Gemeindezentrum und Sitz der örtlichen Handelskammer. Zwei Zimmer blieben jedoch so erhalten, wie sie 1919 waren, und ein drittes wurde zu einem kleinen Museum hergerichtet. Auch die Adresse sorgt dafür, dass der Mythos nicht in Vergessenheit gerät – die Straße wurde in Conrad Hilton Boulevard umbenannt.
Fotocredits: Britta Pedersen,Konrad Giehr
(dpa)